Zeitraum: 14.02.2022 - 20.02.2022
Revier: Atlantik, Spanien, Puerto Sherry - Mittelmeer, Spanien, Estepona
Boot: eMMa - Moody 44
Crew: Markus
Melanie


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Wochenbericht 27 - Affentheater und Jahrestag

Wir beschließen, der Winter ist nun für uns zu Ende! Natürlich ist der kalendarische Winter auch hier in Südspanien noch nicht wirklich beendet, aber unser Winterlager wird nun enden. Gemeinsam mit der Nala schauen wir nach einem geeigneten Wetterfenster für die Überfahrt nach Gibraltar. Manuela hat sich schlau gemacht und herausgefunden, dass Personen für die Einreise lediglich einen gültigen Reisepass benötigen. Der Personalausweis reicht da nicht. Damit wir die Boote aber nicht aus- und einklarieren müssen, wo die aktuellen Bestimmungen von Großbritannien noch nicht ganz eindeutig sind, beschließen wir, dass wir in den Hafen La Línea, also auf der spanischen Seite, gehen werden. Unserer Telefonat mit den Tosimotus bringt uns dann noch weitere gute Tipps für die Überfahrt. Und so sind wir startklar. Wir verabschieden uns herzlichst von den Dawns. Ihr werdet uns fehlen! Lernt weiter fleißig Spanisch! Wir ziehen vor euren Fleiß echt den Hut!
Die ersten Seemeilen quer durch die Bucht von Cádiz verlaufen noch etwas holprig. Die Welle kommt aus Nordwest und ist relativ kurz und steil. Nicht gerade optimal nach einer so langen Hafenpause. Doch immerhin können wir rasch die Segel setzen. Als wir die Halbinsel Cádiz dann auf der Atlantikseite querab haben, läuft die Welle achterlicher unter eMMa durch. Es rollt dabei ordentlich, aber deutlich angenehmer als das vorherige Gebolze. Der Wind kommt nun genau von hinten, was für unsere Passatsegel optimal ist. Dazu müssen jedoch die Bäume eingestellt werden. Wir teilen die Arbeit in kleine Teilstücke auf und arbeiten diese nach und nach ab. So stehen nach einer Stunde die Bäume gut und wir können die Passatsegel setzen und das Großsegel einrollen. Dabei fällt unser Blick zur Nala, die weit Achteraus zu sehen ist. Losgefahren sind wir gemeinsam und eigentlich ist Nala unter Groß und Genua immer deutlich schneller als wir, auch wenn sie keine Passatsegel haben. Jetzt ist der Abstand aber doch erheblich weit. Wir entscheiden uns dafür, unsere Segel gerefft zu fahren, um Nala eine Chance zu lassen uns noch einzuholen. Komisch kommt uns das aber schon vor. Da es uns dann doch keine Ruhe lässt, funken wir die Nala an. „Nala, Nala, Nala - für eMMa, bitte kommen“, auf der anderen Seite meldet sich die Nala-Crew. Wir wechseln auf einen Ship-to-Ship-Kanal und fragen, ob alles in Ordnung sei. Zum Glück ist soweit alles in Ordnung, es gab wohl nur ein kleines Problem beim Segelsetzen. Unsere Sorge ist nicht unbegründet, denn in dieser Region sind bereits wieder mehrere Orca-Attacken auf Segelboot passiert. Trotzdem müssen wir hier nun entlang. Zu Gibraltar gibt es vom Atlantik keine Alternative als Einfahrt ins Mittelmeer (außer über Kanäle). Langsam holt die Nala etwas auf und wir haben einen schönen Segeltörn. Es geht entlang der spanischen Atlantikküste bis in die Straße von Gibraltar. Passend zum Sonnenuntergang biegen wir dort ein. Hinter uns fällt eine glutrote Sonne direkt in den Atlantik und lässt unsere Passatsegel rötlich schimmern. Vor uns sehen wir oben am Himmel den Vollmond stehen. Auf der linken Seite das spanische Festland, auf der rechten Seite Afrika. Was für ein Moment! Ein sehr schönes Valentinstag-Geschenk! Wir halten uns schön außerhalb des Hauptfahrwassers auf, damit wir keinem Frachter, Tanker, Fähre oder Kreuzfahrtschiff in die Quere kommen. Natürlich sehen wir deren Positionslichter und ihre Signale auf dem AIS, aber alles ist im grünen Bereich. Nach Sonnenuntergang schläft der Wind irgendwann ein. Wir hatten uns auf einen Düseneffekt eingestellt und jetzt bekommen wir Flaute! Lieber so, als anderes herum! Um nicht im Dunkeln quer durch die Bucht von Gibraltar zu müssen, dort liegen unzählige Tanker auf Reede und Schnellfähren düsen dort entlang, ankern in der Nacht auf der linken Seite der Bucht in einer Ankerbucht vor Algeciras. Die Einfahrt ist dank unserer Seekarten auf dem Plotter, dem AIS und dem Radar relativ einfach. Der Anker fällt auf 8 m Wassertiefe. Die Nala läuft kurz nach uns in die Bucht ein und gemeinsam liegen wir hier sehr geschützt und ruhig.

Der Morgen beginnt mit einem Tee im Cockpit und einem breiten Grinsen im Gesicht. Das Wasser ist so klar, dass wir unsere Kette auf dem Grund liegen sehen können, die Sonne scheint und wir sind ausgeschlafen. Am liebsten würden wir ja gleich mal eine Runde um eMMa schwimmen, aber ein Blick auf unser Unterwasserthermometer zeigt 15°C an. Ist dann doch noch ein bisschen frisch! So verlegen wir nach einem Frühstück in die Marina von La Linea. Es wäre für uns echt hilfreich gewesen, wenn in der Seekarte der Meldesteiger an der Tankstelle eingezeichnet gewesen wäre. Zunächst einmal gehen wir an einen längsseits Steg. Doch alles ist mit Toren verriegelt und wir kommen nicht raus. Wir erfahren aber immerhin, dass an der Tankstelle auch der Wartesteiger ist. Damit wir nicht mit zwei Booten umlegen müssen, kommen zwei Crewmitglieder der Nala mit zu uns an Bord. Im Hafengebäude checken wir ein und bekommen unsere Liegeplätze zugewiesen. Die Marina recht günstig, allerdings zahlt man für Strom und Wasser extra. Da wir mit eMMa autark sind, nehmen wir das nicht in Anspruch und zahlen somit auch nur den Grundpreis. Die Sanitärräume sind sehr sauber und die Duschen sind warm. Es dürfte allerdings mal wieder etwas mehr Druck auf der Leitung sein.
Zu Fuß machen wir uns auf den Weg nach Gibraltar. Wir passieren den Grenzübergang mit dem Reisepass und laufen quer über die Start- und Landebahn des Flughafens. Das ist schon ein sehr merkwürdiges Gefühl! Wie soll man Gibraltar beschreiben? Erst einmal very british, sehr sauber, detailverliebt bis ins Letzte. Viele Autos und alle Menschen wirken etwas gestresst. Ganz anders also, als wir es von den letzten Wochen und Monaten gewohnt sind. Trotzdem erkunden wir die Stadt mit ihrer Fußgängerzone, Geschäften, Restaurants, aber auch Bunkeranlagen, alter Geschichte und einem gewissen Nationalstolz. Zu den typischen, roten Telefonzellen und Fish and Chips Ständen, gesellen sich sehr aufdringliche und nervige Tourguides. Immer wieder werden wir angequatscht, ob wir eine Tour zu den Affen machen wollen. Höfliche Verneinungen werden teils mit wüsten Beschimpfungen kommentiert. Durch Zufall landen wir am Botanischen Garten. Der Eintritt ist frei und er ist wirklich empfehlenswert! Manchmal sind solche Zufälle wahre Glücksgriffe. Anschließend schauen wir uns noch kurz die Seilbahn-Talstation an und fallen fast rückwärts um. Die Preise sind geradezu unverschämt. Auf dem Rückweg kehren wir noch in einem Pizza-Schnellimbiss ein und schaffen es erfolgreich unsere Bestellungen vor den gierigen Möwen zu verteidigen. Es ist ein schöner Abend, satt und glücklich kehren wir an Bord zurück. Unterwegs haben wir noch beschlossen, dass morgen Wandertag sein wird. Wir werden den Nationalpark von Gibraltar zu Fuß erkunden.

So wandern wir, bepackt mit Rucksäcken und ausgestattet mit festem Schuhwerk, los zum Affenberg. Wieder geht es über durch den Grenzübergang. Melanie ist etwas enttäuscht, weil der Pass dabei gar nicht abgestempelt wird. Sie hätte gerne eine Stempel von Gibraltar in ihrem Pass gehabt. Wieder überqueren wir die Landebahn, laufen am Stadion und an einer Schule vorbei und biegen links in eine Seitenstraße. Schon bald mündet der Fußweg in treppenförmige Gassen ein. Wir kommen ganz schön ins Schwitzen und außer Puste. Hut ab, vor all den Menschen, die hier leben. Die hier jeden Tag rauf und runter laufen, Einkäufe nach Hause bringen, die kleinen Kinder tragen, die alten Leute stützen. Fit bleibt man hier wahrscheinlich automatisch. Wir erreichen die Burg von Gibraltar und erleben eine unangenehme Überraschung. Der Nationalpark kostet Eintritt! 11 englische Pfund pro Person, auch für die Kinder! Kurz beraten wir uns, was wir nun tun und zahlen, etwas zähneknirschend den üppigen Eintrittspreis. Allerdings müssen wir im Rückblick das etwas relativieren, denn es ist der einzige Eintritt, den man für dieses Gebiet zahlt. Alle Sehenswürdigkeiten, die Burg, die Bunkeranlagen, die Tropfsteinhöhle, der Skywalk, der Bereich mit den Affen und mehrere Tunnelsysteme, sind alle im Preis inbegriffen. Zu Fuß schafft man das natürlich nicht alles an einem Tag und so müssen wir Prioritäten setzen. Die Burg besichtigen wir nur von außen, genießen die Aussicht über die Bucht. Anschließend wandern wir über den Nature Path zu den Affen. Hier ärgern wir uns ziemlich über die Tourguides. Denn zum einen fahren die Kleinbusse oftmals mit einem knackigem Tempo die Bergstraße rauf bzw. runter. Einen Fußweg gibt es hier nicht und so springen wir immer mal wieder in die Felswandnischen oder ins Gebüsch, um nicht platt gefahren zu werden. Zum anderen gibt es einige Tourguides (hoffentlich die Ausnahmen), die direkt neben den Affen halten, die Touris aussteigen lassen, einen Affen mit Leckereien anlocken, aus der Hand füttern und dafür sorgen, dass der Affe sich auf die Schulter des Touris setzt. Anfassen und Füttern der Affen ist strengstens untersagt. Das steht auf allen Informationstafeln an den Eingängen zum Nationalpark. Dort sind auch alle Verhaltensregeln aufgeführt, die man bezüglich der Affen beachten muss. Ungefährlich ist so eine Handlung übrigens auch nicht, denn die Affen sind keine Streichelzootiere! Einmal mehr sind wir also froh, dass wir uns für den Fußweg und nicht für einen Tourguide entschieden haben.
Überall unterwegs finden wir Picknickplätze mit Aussicht. Wir haben unser Proviant dabei und machen, weit abseits der Affen, Rast. Jeder hat etwas leckeres dabei und so wird es ein richtig schönes Buffet. Gut gestärkt geht es weiter. Der Skywalk ist wegen Bauarbeiten leider gesperrt, Manuela und Melanie finden das nicht ganz so schlimm.
Ein absolutes Highlight des Ausflugs ist die Michaelishöhle. Eine wunderschöne Tropfsteinhöhle, sehr schön illuminiert. Einfach beeindruckend! Danach teilt sich unsere Gruppe auf. Markus läuft mit Christoph und Theo den Adventure Path, der sich zunächst noch einmal bergab und dann ganz steil bergauf begibt. Sie werden für ihre Mühen mit einer grandiosen Aussicht vom höchsten Punkt Gibraltars aus belohnt. Melanie, Manuela und Alfred lassen es derweil ganz langsam gehen. Sie machen gleich zwei Pausen, vertilgen die Reste des Picknicks, quatschen über alles mögliche und Melanie telefoniert zwischendurch noch mit Lara. Kurz vor der Hängebrücke treffen wir dann wieder aufeinander. Und auch wenn es Manuela und Melanie echt viel Überwindung kostet, überqueren wir die Hängebrücke alle gemeinsam. Der Abstieg ist nicht weniger steil, wie der Aufstieg und ganz viele Stufen später stehen wir wieder in der Altstadt von Gibraltar. Der Tag neigt sich dem Ende. Und auch wenn wir alle echt platt sind, sind wir uns einig, dass es ein sehr schöner Tag war.

Am nächsten Morgen machen wir vier Erwachsenen uns noch einmal zu Fuß auf den Weg. Diesmal bleiben wir allerdings auf der spanischen Seite und entdecken La Línea. Etwas ärmlich wirkt diese Wohnstadt. Der Strand ist sehr breit, aber es findet sich hier viel Plastikmüll im Sand. Wir haben richtig tolles Wetter. Die See ist ganz glatt, das Wasser schön klar und wir gehen mit den Füßen ins Wasser. So ruhig möchten wir das Wasser Bitteschön morgen auch haben!

Bevor wir Gibraltar komplett verlassen, wollen wir noch in den englischen Teil zum Tanken. Das ist möglich, man darf nur nicht von Bord gehen. Nach der Ausfahrt aus dem Hafen melden wir uns ordnungsgemäß über Funk für die Einfahrt an, denn schließlich müssen wir die Einflugschneise überqueren. Wir kreuzen also den Bereich hinter der Landebahn mit eMMa, dann geht es zum Tanken. Für 200 Liter Diesel zahlen wir umgerechnet 200 €. Das hat sich auf jeden Fall gelohnt! Die Ausfahrt aus der Bucht von Gibraltar meistern wir nur unter Großsegel hoch am Wind. Da sehr viel Wind herrscht, deutlich mehr als angesagt, und uns die Wellen ständig massiv ausbremsen, entscheiden wir uns für Motorunterstützung. So kämpfen wir uns um das Kap herum. Der Leuchtturm kommt in Sicht und nun sehen wir den Affenfelsen also von der anderen Seite aus. Ganz schön steil fallen die Felswände hier ab! Bis kurz vor Estepona haben wir schönes Segelwetter. Dann nimmt der Wind passend zum Anlegen mal wieder zu. Wir gehen gemeinsam längsseits im Päckchen an den Wartesteiger, melden uns in Ruhe an und verholen erst am Abend bei Windstille. Wir haben das Mittelmeer erreicht, auch deutlich an der veränderten Anlegeweise zu erkennen. Römisch-katholisch Anlegen heißt die Art und Weise, wie hier festgemacht wird. Dabei fährt man rückwärts an den Steg, bringt beide Heckleinen über und befestigt den Bug mittels einer starren, sehr dicken Leine an einer Mooring. Wir haben dieses Manöver bisher nur zweimal gefahren und das ist lange her. Für die Nala ist es das erste Mal überhaupt. Aber alles klappt gut und so liegen wir beide kurze Zeit später direkt nebeneinander. Wir experimentieren erst einmal etwas mit unserer Gangway herum. Als wir eMMa gekauft haben, hatten wir ja noch keinen Geräteträger. Zweimal ändern wir noch das System, bis wir es für uns stimmig haben.

Estepona ist Urlaubsort. Das sieht man an allen Ecken. Wir erkunden ein wenig die nette Ortschaft und hätten auch gerne das Orchideenhaus besucht. Leider schaffen wir das zeitlich nicht.
Am 20.02.2022 haben wir unseren 27. Jahrestag! Zur Feier des Tages gehen nur wir zwei chinesisch essen. Wir bestellen ein Vier-Gänge-Menü und genießen den Abend sehr. Was haben wir nicht alles schon gemeinsam geschafft! Und nun sitzen wir hier in Andalusien, als Zwischenetappe unserer langen Reise! Ein gewisser Stolz erfüllt uns.

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