Zeitraum: | 13.09.2021 - 19.09.2021 |
Revier: | Nordsee, Bucht von Brest |
Boot: | eMMa - Moody 44 |
Crew: | Markus Melanie |
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Wochenbericht 9 - Unterricht vor Anker
Montag, 13.09.2021 - In der ganzen Aufregung mit dem Delphin gestern (Sonntag, 12.09.2021, siehe Wochenbericht KW 36), haben wir völlig vergessen zu erzählen, dass Melanie nur knapp einer bösen Verletzung entkommen ist. Als wir in Brest abgelegt haben, Markus am Ruder, Melanie an den Leinen, wollte sie natürlich auch die Leinen aufschießen (Seglersprache für ordentlich aufwickeln). Dabei nimmt man die Leine, zieht sie durch die Hand und legt immer Buchten in die andere Hand. Zum Glück hat sie sich dabei gewundert, was da komisches an der Leine ist und somit nicht mitten rein gefasst. Da hang nämlich ein Angelhaken in unserer Leine! Das wäre sonst sehr blutig ausgegangen. Natürlich ließ sich der Angelhaken auch nicht einfach so entfernen. Wir mussten ihn durchziehen (Widerhaken) und dann noch das Ende mit einem kleinen Seitenschneider abknipsen.
Heute ist der Himmel bedeckt. Wir lassen es an Bord ganz langsam und gemütlich angehen. Markus holt unsere Angel aus der Kiste und will sein Angelglück probieren. Am Nachmittag fahren wir mit dem Dinghy zu der kleinen Kaianlage rüber. Dort befestigen wir das Beiboot an einem Ring und machen einen Spaziergang. Durch den kleinen Ort geht es immer den Berg hinauf. Hier ist ordentlich Gefälle! Aber die Anstrengung ist den Ausblick auf die Bucht und eMMa echt wert.
Unterwegs finden wir große Brombeersträucher mit vielen reifen Früchten. Die Brombeeren schmecken köstlich. Markus hat einen Schokokuchen und etwas Zutrinken im Rucksack. Den Schokokuchen vernaschen wir zu 2/3, damit wir in der Schale noch ein paar Brombeeren sammeln können. Den Rest Kuchen nehmen wir natürlich ebenfalls wieder mit an Bord. Als wir zurück an der Kaianlage sind, liegt unser Dinghy auf dem Trockenen. Zum Glück haben wir dicke Kunststoffrollen am Heckspiegel des Dinghys. So kann Markus es einfach ins Wasser schieben und Melanie an der Treppe, die bis ins Wasser führt abholen.
An Bord genießen wir, dass die Sonne endlich herauskommt. Es gibt ein Glas Weißwein für jeden von uns und wir essen die Brombeeren und den Rest Schokokuchen. Die Kombination ist echt gut!Am Abend grillen wir, aber keinen selbstgefangenen Fisch. Gut, dass Markus vorher schon Grillfleisch mariniert hatte!
Dienstag, 14.09.2021 - Wir genießen es sehr vor Anker zu liegen. Frühstücken im Cockpit, lesen Bücher und genießen einfach den Augenblick. Am Nachmittag arbeitet Melanie. Sie hat eine Dozentenstelle auf Honorarbasis beim PECA-Institut bekommen (Fort- und Weiterbildungen für die Bereiche Pflege und Soziales). Sie darf zu unterschiedlichen Themen Pflegekräfte im Rahmen ihrer Weiterbildung zum Praxisanleiter unterrichten. Wenn irgendwer von euch eine Weiterbildung in diesem Bereich machen möchte, der sollte mal auf der Homepage des PECA-Instituts vorbeischauen.
Da Melanie ihre heutigen Teilnehmer noch nicht kennt, ist sie dementsprechend ziemlich nervös. Und wenn man aufgeregt ist, dann fallen einem natürlich auch gleich hunderttausend Dinge ein, die schief gehen könnten. Besonders, wenn es was mit Technik zu tun hat!
Es geht aber nichts schief. Alle Teilnehmer des Kurses sind sehr nett und die Technik funktioniert so, wie sie soll. Der Unterricht macht Melanie viel Spaß.
Nach dem Kurs fällt die Anspannung von ihr ab und sie ist total müde. Wir essen im Cockpit und genießen gemeinsam den Sonnenuntergang. Auch heute hat Markus wieder die Angel ins Wasser gehalten. Aber auch heute beißt kein Fisch an!
Mittwoch, 15.09.2021 - Wir genießen es vor Anker zu liegen. Die Bucht ist total ruhig und geschützt. Schwell gibt es lediglich, wenn die Tide kippt und auch das nur sehr wenig. Wir frühstücken gemütlich im Cockpit und Markus hat bereits wieder die Angel ausgebracht. Das Kippen des Tidestroms hat er nur nicht bedacht und so hat sich die Angelschnur an eMMa verheddert. Also darf Markus gleich ins Wasser gehen. Er sucht sich seine Tauchsachen zusammen, Neoprenanzug, Flossen, Taucherbrille, Schnorchel und Bleigurt. Er taucht heute Apnoe, das heißt ohne Tauchflasche und Atemregler. Also nur durch Luft anhalten. Der Angelköder ist schnell befreit und da er ja schon mal im 17° C kaltem Wasser plantscht, kümmert er sich auch gleich darum, eMMas Rumpf von Algen und Muscheln zu befreien. Anschließend wird auf der Badeplattform geduscht. Da die Sonne heute aber nur wenig durch die Wolken bricht, bleibt nur die Dusche mit kaltem Wasser. Erst Markus, dann Melanie.
Den Nachmittag verbringen wir mit Lesen, Faulenzen und kleinen Heimwerkerarbeiten, so zwischendurch. Wir statten unsere Seitenfenster im Salon mit Sonnenschutz-Spiegelfolie aus. Am Abend fahren wir mit dem Dinghy an den Strand. Na gut, kein Strand. Es sind Steine, die außerdem auch noch sehr häufig von Muscheln besetzt sind. Gut, dass wir ein Festboden-Beiboot haben. Mit dem Schlauchboot kann man hier nicht anlanden. Unser Plan war es eigentlich bis zum Buchtende zu laufen. In unserer Offline-Karte gibt es hier dann einen Fußweg über die Insel zurück. So die Theorie. Die Praxis sieht leider so aus, dass wir zunächst bis fast zu dieser Stelle hinwandern. Klettern wäre eigentlich die korrekte Bezeichnung! Aber kurz vor der eingezeichneten Stelle, geht es für uns nicht mehr weiter. Die Felsen fallen hier sehr steil ab und so fühlen wir uns ein wenig wie die zwei Königskinder, die nicht zueinander kommen konnten, weil das Wasser zu tief war. In unserem Fall trennt uns der Felsen und ganz viel Gestrüpp vom Wanderweg. Wir klettern also am Strand zurück bis zum Dinghy. Zurück an Bord, darf Melanie dann erst einmal Muschelreste aus Markus Fuß pulen. Er hat das Dinghy wieder ins Wasser geschoben und dafür Schuhe und Socken ausgezogen. Die Wunden werden gereinigt und desinfiziert.
Donnerstag, 16.09.2021 - Nach dem Frühstück gehen wir Anker auf. Es ist komplett windstill und die Wolken spiegeln sich im Wasser. Wir sind gut gelaunt, auch wenn die paar sm in die Marina Brest nur unter Motor gefahren werden. Markus möchte zwischen der kleinen Insel und dem Festland hindurchfahren. Wenn er das unbedingt möchte, bitte schön! Melanie wäre außen herum gefahren. Aber soll er mal machen. Tief genug ist es dort, allerdings lieben die Angler in ihren kleinen Booten diesen Bereich und so fährt er mit eMMa Zick-Zack zwischen den Angelbooten her. In Brest angekommen legen wir wieder längsseits an. Direkt gegenüber von liegt die Orizaba. Wir verabreden uns für den Abend. Aber zunächst arbeitet Melanie heute wieder ein paar Stunden.
Zum Feierabend kommt die Orizaba-Crew zu uns an Bord. Wir trinken ein Glas Wein und reden über Gott und die Welt. Als die beiden sich verabschieden, zaubert Markus ein leckeres Abendessen.
Freitag, 17.09.2021 - Melanie kommt heute irgendwie schlecht in die Gänge. Markus geht zum Bäcker und wir frühstücken sehr spät. Wir sprechen über ein mögliches Wetterfenster für die Biskayaüberquerung. Im Moment sieht es so aus, dass es Anfang der Woche etwas werden könnte. Wir planen also unseren Essensplan für die nächsten Tage und gehen einkaufen. Der Carrefour City in der Stadt ist gut sortiert. Bis auf Kohlrabi bekommen wir alles, was auf unserer Einkaufsliste steht. Als Kohlrabi-Ersatz müssen Mairübchen, die hier übersetzt nur Rüben heißen, herhalten. Da sie so ähnlich wie Kohlrabi schmecken, müsste das gehen. Wir gehen mit unseren Einkäufen zur Kasse, stellen den Korb aufs Mini-Band und die Kassiererin quatscht uns sofort auf Französisch an. Wir sagen ihr, dass wir kein Französisch können, und fragen sie, ob sie Englisch kann. Dies verneint sie, rollt die Augen, klingelt nach einer Kollegin für eine weitere Kasse und beginnt unsere Sachen zu scannen. Wir vermuten, dass sie uns sagen wollte, dass wir die Sachen einzeln aufs Band legen sollten, aber die Mühe macht sie sich dann nicht einmal mehr. Wir packen alles in unsere Rucksäcke, verstauen den Einkaufskorb an der vorgesehenen Stelle und machen uns auf den Heimweg. Aber nicht ohne vorher noch bei einer Konditorei Halt zu machen und Macarons zu kaufen. Natürlich nehmen wir unterschiedliche Sorten. An Bord kochen wir uns einen Tee und machen es uns unter Deck gemütlich, denn bereits auf dem Rückweg hat es kräftig zu regnen begonnen. Die Macarons sind ein Traum. Markus Favorit ist der mit Schokolade, Melanies Favorit besteht aus Salzbuttercreme und Karamell. Dann legt Markus sich für ein Mittagsschläfchen hin. Nach seinem Nap sucht er das Waschhaus auf. Es regnet noch immer, wenn auch nicht mehr so feste. Auf dem Rückweg sieht er, dass bei einer unserer Stegnachbarn die Vorschiffluke 90° nach oben offen steht. Da regnet es also seit mehr als 2 Stunden fleißig rein. Markus klopft dort an und gibt der Crew Bescheid. Die sind sehr dankbar für den Tipp, denn sie saßen alle zusammen im Salon und haben da überhaupt nicht dran gedacht. Hoffentlich muss da heute niemand im nassen Bett schlafen!
Zum Abendessen gibt es bei uns heute Flammkuchen. Damit weihen wir unseren Ofen ein, den wir letzte Woche gekauft und danach nur zur Probe aufgeheizt haben. Der Flammkuchen wird super. Nach dem Essen gibt es noch ein Familientelefonat und wir lassen den Abend gemütlich ausklingen.
Samstag, 18.09.2021 - Heute hat Pia Geburtstag. Wir sitzen am Frühstückstisch und rufen das Geburtstagskind an. Sie ist bei Melanies Schwester Mareike zu Besuch und Oma Dorothee ist als Überraschungsgast auch da. Das freut uns sehr für Pia! Es ist schön, mit ihr zu telefonieren!
Melanie ist vor der Biskayaüberquerung echt nervös und Pia beruhigt sie und sagt: „Ihr habt schon mehrfach so lange Strecken gemacht. Das schafft ihr!“ Es ist wirklich süß von ihr!
Melanie geht nach dem Telefonat erst einmal duschen. Anschließend setzen wir uns zusammen, besprechen das Wetter, planen, verwerfen, diskutieren neu darüber. Dann lassen wir es erst einmal so sacken und Markus geht duschen. Melanie schaut sich in der Zwischenzeit noch einmal die Wetterdaten an und schreibt Segelfreunde an, wie sie das Wetter einschätzen würden. Als Markus aus der Dusche kommt, fällt einstimmig die Entscheidung heute noch mal einen Tag den Liegeplatz zu verlängern und morgen Nachmittag zu starten.
Im Mittag ist es windstill. Die Orizaba geht zum Tanken und wir finden, dass das eine gute Idee ist. Als die Orizaba wieder an ihrem Platz liegt, fahren wir mit eMMa zur Tankstelle. Kaum stehen wir vor der Zapfsäule beginnt es zu nieseln. Wir gucken uns verdutzt an, dann nach oben in den Himmel. Die Sonne scheint, aber direkt über uns regnet sich eine freche, kleine Wolke aus. Ganz sacht fällt der Nieselregen auf uns. Wir füllen unseren Dieseltank wieder auf und füllen auch die Benzinkanister für den Dinghymotor wieder auf. Wir legen vor der Orizaba am Steg wieder an und beginnen unsere Liste für die Biskayaüberquerung abzuarbeiten. Wir kontrollieren das Rigg, ziehen das Vorliek etwas nach (das neue Segel hat sich etwas gereckt, darf es auch nach bereits mehr als 1000 sm) und kochen vor. Auch auf der Orizaba laufen die Vorbereitungen, allerdings nicht für die Biskaya, sondern deren Urlaub ist zu Ende. Sie kommen aber bald wieder. Auch wenn wir dann mit eMMa nicht mehr hier sind, wir bleiben auf jeden Fall in Kontakt. Sie sind zwei so tolle und liebe Menschen!
Am Abend essen wir Melanies Mairübchen-Karotten-Hack-Auflauf. Mit unserer Entscheidung für morgen fühlt sie sich wohl und das merkt man auch deutlich.
Sonntag, 19.09.2021 - Ein letztes Mal gehen wir zusammen zur Bäckerei und kaufen Croissants. Wir frühstücken an Bord und dabei klingelt Markus Wecker. Ach ja, es ist Sonntag und somit Funkrundenzeit. In den letzten Wochen kam leider nie eine Verbindung zustande. Heute klappt es. Wir hören die Heimkehr, die gerade in Dänemark verweilt. Zwar ist die Verbindung sehr leise und immer mal wieder fehlen Wörter, aber es ist fast wie nach Zuhause telefonieren!
Danach arbeiten wir weiter unsere Vorbereitungsliste ab und Melanie kann sich jetzt auch endlich auf die Biskaya freuen. Wir checken den Motor, schmieren die Welle, räumen auf und verstauen alles seefest. Ein Stegnachbar, die schwedische Yacht hat gestern hier angelegt, kommt vorbei und spricht uns auf Englisch an, ob wir wüssten, wie das hier mit dem Wasser funktioniert. Mit der Weile können wir dabei helfen. Markus hat damals in Marseille genauso blöd vor der Säule gestanden. Unten an den Stromsäulen gibt es so silberne Anschlüsse, an die aber auf dem ersten Blick kein normaler Schlauch passt. Der Trick dabei ist, man nimmt einen sogenannten Doppelnippel, also einen Adapter mit dem man eigentlich zwei Gartenschläuche miteinander verbinden kann. Das eine Ende kommt in den normalen Schlauchadapter, das andere Ende steckt man in diese silbernen Anschlüsse. Dabei sollte man unbedingt darauf achten, dass man den Schlauch so hinlegt, dass er einen nicht direkt nass spritzt. Denn auf der Leitung ist immer Druck und das Wasser läuft sofort. Es gibt auch keinen Hahn, womit man es regulieren oder abdrehen kann. Es geht nur an oder aus, durch Schlauch reinstecken oder abziehen.
So, auch wenn der Sonntag erst etwas mehr als die Hälfte um ist, endet heute hier unser Wochenbericht. Wie wir ja schon erzählt haben, werden wir uns gleich auf den Weg über die Biskaya machen. Das wird ein Seestück von etwa 340 sm werden (also etwa 620 km). Das heißt für uns, dass wir ungefähr drei Tage (Tag und Nacht) unterwegs sein werden. Wenn ihr auf der Homepage oder bei Marine Traffic oder Vesselfinder verfolgt, wo wir gerade sind, dann wundert euch bitte nicht, wenn da eventuell keine aktuelle Position angezeigt wird. Die Übermittlung erfolgt nur in Landnähe immer zeitnah. Auf langen Seestücken kann es mal etwas anzeigen und mal nichts. Wir schreiben im Whatsapp-Status eine Meldung, sobald wir in Spanien angekommen sind.
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