Zeitraum: 09.08.2021 - 15.08.2021
Revier: Niederlande, Staandemastroute
Boot: eMMa - Moody 44
Crew: Markus
Melanie


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Wochenbericht 4 - Wo Seen Meere heißen und Segelboote quer durch Amsterdam fahren können

Montag, 09.08.2021 - Melanie war gestern zu müde und so schreibt sie morgens im Bett sitzend den Wochenbericht der letzten Woche zu Ende. Da das WiFi hier wirklich gut ist, kann sie auch gleich alles hochladen. Noch schnell eine kurze Meldung in den Status und schon können sich alle darüber freuen, die es lesen möchten. So schaut sie aufs Handy und sieht, dass per WhatsApp eine Meldung von ihrer Mama eingegangen ist: „Sind wahrscheinlich um 12 Uhr in Stavoren!“ Okay! Dann sehen wir jetzt mal zu, dass wir aus den Federn kommen. Es ist 10 Uhr, Melanie will noch Duschen und die Gästekojen müssen auch vorbereitet werden. Wenigstens klärt sich nach einem kurzen Telefonat, dass wir sie nicht am Bahnhof in Stavoren abholen müssen. Sie kommen direkt mit dem Auto zum Hafen und werden dann von unterwegs in den nächsten Tagen klären, mit welcher Verbindung an öffentlichen Verkehrsmitteln sie dann wieder zurück zu ihrem Wagen kommen. Melanie verbindet den Gang zu den Duschen gleich damit beim Hafenmeister um eine weitere Nacht zu verlängern und fragt auch gleich mal nach, ob Dorothee und Klaus ihr Auto hier auf dem Parkplatz der Marina abstellen dürfen. Natürlich würden sie das auch bezahlen. Aber das ist gar nicht notwendig. Die Marinamitarbeiter sagen, sie dürfen ihr Auto hier abstellen und müssen nichts dafür bezahlen. Sie fragen lediglich wie lange sie dort stehen bleiben. Als sie hören, dass es ja nur bis Freitag oder Samstag ist, ist die Sache ganz schnell und unbürokratisch geklärt. So holen wir die zwei also direkt am Marina-Parkplatz ab. Es ist gerade mal trocken und wir nutzen das Wetterfenster um noch ein bisschen im Cockpit zu sitzen und zu quatschen. Am Nachmittag spazieren wir in den Ort und schauen gleich mal am Bahnhof nach, woher denn die Züge kommen die Stavoren anfahren. Das Angebot ist sehr überschaubar, denn nur eine einzige Regionalbahn pendelt zwischen Stavoren und Leeuwarden. Da werden sie sicherlich eine Verbindung finden. Wir essen Kibbelinge und holländische Pommes. Sehr lecker! Anschließend schlendern wir durch die Gassen in Richtung Supermarkt. Kaum sind wir drin, fängt es draußen an zu schütten. Wir kaufen also erst einmal in Ruhe ein. Nach der Kasse befindet sich eine Sitzecke, dort machen wir es uns noch etwas gemütlich, quatschen, schauen Fotos auf den Handys an und warten ab, dass der dicke Schauer vorüberzieht. Als es nur noch wenig regnet laufen wir zurück zum Boot. Dort vertilgen wir den gerade gekauften Kuchen und Melanie zeigt anschließend Dorothee und Klaus alle Bilder, die wir seit Abfahrt gemacht haben. Markus bereitet Essen vor. Es soll heute Blumenkohl, Kartoffeln und Schnitzel geben. Blumenkohl und Kartoffeln gibt es auch, allerdings mit Bockwürstchen. Denn die vermeintlichen Schnitzel, die in der Packung auch nach Schnitzel aussahen, entpuppen sich als so etwas wie Suppenfleisch und sind gebraten zäh wie Schuhsohlen. Das Fleisch verarbeiten wir einige Tage später zu Nudelsuppe und dadrin schmeckt es dann auch richtig gut!

Abends spielen wir noch ein Gesellschaftsspiel. Markus und Melanie spielen sehr gerne Gesellschaftsspiele, egal ob Brettspiel oder Kartenspiel. Auch an Bord haben wir viele Spiele dabei, wenn wir natürlich aus Platzgründen leider auf so manches Brettspiel verzichten mussten.

Dienstag, 10.08.2021 - Wir frühstücken gemeinsam in Ruhe und machen uns anschließend zum Ablegen bereit. Eine Sicherheitseinweisung benötigen Klaus und Dorothee nicht, sie sind schon mehrfach bei uns an Bord gewesen. Kaum ist alles klar um die Leinen zu Lösen, da fängt es an zu Regnen. Wir beschließen den Schauer erst einmal unter Deck abzuwettern. Das war eine gute Entscheidung, denn zwischenzeitlich schüttet es noch mal wie aus Kübeln. Normalerweise legt Markus ja immer ab und Melanie an, aber heute legt Melanie auch ab, da es für uns erst einmal nur auf die andere Seite geht. Dort gibt es eine Tankstelle und eMMas Tank wird noch komplett voll gemacht, denn durch die vielen Motorstunden in der Staande Mast Route hat der sich schon gut geleert. 140 Liter und 220 € später legt Markus dann von der Tankstelle aus ab. Aber auch die folgende Strecke ist nicht besonders weit. Kaum aus dem Hafen raus, biegen wir links ab Richtung Schleuse, aber direkt vor uns springt die Ampel auf Rot, so dass wir am Wartebereich festmachen und auf die nächste Schleusung warten müssen. Wir hätten auch nicht mehr in die Schleuse gepasst. Bis auf den letzten Platz sind beide Schleusenkammern gefüllt mit Booten. Ein Motorboot hatte schon keinen Platz mehr gefunden und wartet nun gemeinsam mit uns geduldig bis die Ampel wieder auf Rot/Grün springt. Bei Grün fahren wir los. Die Schleuse füllt sich komplett mit insgesamt 8 Booten, aber es läuft bei allen sehr ruhig und entspannt ab. Wir fahren aufs IJsselmeer hinaus und setzen dort endlich wieder die Segel. Zunächst haben wir relativ wenig Wind, aber immerhin können wir segeln. Der Wind kommt allerdings aus der Richtung, in die unserer erster Wegpunkt liegt und so kreuzen wir zunächst in die andere Richtung auf. Etwas später können wir dann wieder auf den Backbordbug wechseln und unseren Wegpunkt direkt anliegen lassen. Wir nutzen die Segelphase um unserem Wassermacher zu starten und frisches Trinkwasser zu produzieren. Da wir beide uns mit dem Wassermacher vertraut machen wollen, stellen wir Klaus ans Ruder. Es macht ihm Spaß, aber es ist auch anstrengend, weil man nur ein kleines Windfenster hat, in dem die Segel dann korrekt stehen. Der Wassermacher läuft super und so übernimmt Melanie wieder das Ruder. Der Wind frischt weiter auf. Bei Wind aus SW mit 12-18 kn läuft eMMa einen guten Amwindkurs. Und mit der neuen Genua machen wir sogar Höhe!

Wir segeln 15 sm und kommen am Nachmittag in Enkhuizen an. Wir schlendern durch die wunderschöne Altstadt. Die Häuser hier sind teilweise mehr als 450 Jahre alt! Die kleine Stadt hat Flair, der uns gefällt. Wir gönnen uns ein Eis und bewundern die vielen kleinen, liebevollen Details. Wir besichtigen eine Kirche, die Zuiderkerk, deren 75 m hoher Südturm zwischen 1450 und 1533 erbaut wurde. Die ältesten Orgelwerke der Kirchenorgel stammen aus dem 16. Jahrhundert! Die Deckengewölbe der Kirche erinnern an Holzplanken eines Schiffsrumpf und waren mal mit einer sehr aufwendigen Malereien verziert, die aus dem 15. Jahrhundert stammen. Da sie noch nicht restauriert sind, sind davon nur noch ganz blasse Bilder erkennbar. Wir finden diese Kirche toll, denn neben den geschichtlichen Fakten bietet sie auch sehr moderne Elemente, wie eine Meditationszone, einen Veranstaltungsraum in einer zweiten Ebene (komplett verglast) und moderne Technik für die Gottesdienstgestaltung. Diese Kirche und ihre Gemeinde lebt! Es gibt Bereiche zum Quatschen, einen Kinderspieltisch und Tische zum Malen und Gestalten. Da kann sich so manche deutsche Gemeinde mal eine dicke Scheibe von abschneiden!

Nach einem Bummel durch die Fußgängerzone entscheiden wir uns zum Pizza-Essen. Die Pizza schmeckt fantastisch und ist so reichlich, dass Dorothee und Melanie ihre gar nicht schaffen. Wir lassen die Reste einpacken und schlendern zurück an Bord.

Dort besprechen wir die Routenplanung für die nächsten zwei Tage. Es soll sehr schwachwindig werden und so beschließen wir, es langsam bis Amsterdam angehen zu lassen, nämlich in zwei kürzeren Etappen.

Mittwoch, 11.08.2021 - Wir liegen hier in Enkhuizen im Buitenhaven, als zweite Yacht im Päckchen. Gestern Abend kam noch ein drittes Segelboot längsseits zu uns. Die erste Yacht am Steg ist eine 50 Fuß Yacht aus Köln, was wir allerdings erst gestern auf dem Rückweg aus der Stadt gesehen haben. Die Crew kam uns da gerade entgegen und gingen zum Essen. Bis wir ins Bett gingen waren sie noch nicht zurück, so dass wir noch nichts mit ihnen wegen Ablegen absprechen konnten. Mit dem dritten Boot haben wir gestern Abend schon besprochen, dass wir das Ablegen mit dem ersten Boot zusammen koordinieren, damit wir nicht alle mehrfach aufscheuchen müssen.

Wir stehen um 8 Uhr auf und frühstücken erst einmal. Auf Boot 1 regt sich noch nichts, auf Boot 3 auch nicht. Um 9:40 Uhr erscheint dann doch mal jemand von dem Boot 1 im Cockpit und Markus nutzt gleich mal die Chance um zu fragen, wann sie denn Ablegen wollen. In einer Stunde. Gut, dass wir drüber gesprochen haben! Dorothee und Melanie nutzen die Zeit um noch einmal auf die andere Hafenseite zu laufen, einige Fotos zu machen und die Toiletten aufzusuchen. Außerdem geben sie die WC-Chip-Karte am Automaten ab. Dies gestaltet sich schwieriger als gedacht. Immer wieder gibt der Automat eine Fehlermeldung ab. Erst nach dem 6. Versuch spuckt er, das noch vorhandene Guthaben aus. 5 € in 50 Cent Stücke, Kleingeld kann man als Segler nicht genug haben.

Als die zwei nach 40 Minuten wieder an Bord sind, scharrt die Crew von Boot 1 schon ungeduldig mit den Hufen. Dann hätten sie ja auch gleich 30 Minuten sagen können! Innerhalb von 10 Minuten sind auch wir komplett abfahrbereit. Unser Weg führt uns aus dem Hafen Richtung Schleuse zwischen IJsselmeer und Markermeer, wo Boot 1 bereits im Wartebereich liegt und für Hafenkino sorgt. Nachdem sie sich sortiert haben, werden wir gemeinsam mit 10 anderen Schiffen geschleust. Der Wasserpegel verändert sich um sagenhafte 10 cm!

Nach der Schleuse folgen wir noch einen Moment dem Fahrwasserverlauf unter Motor bevor wir Segel setzen. Darüber freuen wir uns sehr, denn eigentlich war gar kein Wind angesagt. Da nehmen wir es auch gerne in Kauf, dass der Wind wieder einmal genau aus der Richtung kommt, in die wir wollen. Das heißt für uns also wieder einmal kreuzen. Aber bei gutem Segelwind und Sonnenschein nimmt der Segler dies gerne in Kauf. 22 sm später nehmen wir die Segel weg und fahren die letzte Seemeile unter Motor in den Buitenhaven von Edam. Und endlich ist es auch einigermaßen warm. Zumindest warm genug um im Strandbad des Campingplatzes in der direkten Nachbarschaft einige Bahnen zu ziehen. Brr, das Wasser ist aber doch noch ordentlich kalt, aber die Dorothee und Melanie ziehen es durch. Anschließend nutzen sie noch die Duschen und waschen sich die Haare.

Nach dieser Erfrischung machen wir uns noch zu einem Stadtrundgang durch Edam auf. Edam ist ebenfalls ein hübsches Städtchen mit vielen alten Häusern und ganz viel Grün in der Stadt und definitiv empfehlenswert. Mittwochs ist immer Käsemarkt, den haben wir aber verpasst, weil wir erst abends in der Stadt waren.

Donnerstag, 12.08.2021 - Wir werden um 8 Uhr von einem Generatoren-/Motorgeräusch geweckt. Im Halbschlaf geht man dann alle möglichen Quellen an Bord durch. Die sind es aber nicht. Vor eMMa auf dem Weg neben dem Kai steht ein Lieferwagen, der das Restaurant beliefert. Er steht dort mit laufendem Motor, offner Ladeluke und auf Hochtouren arbeitendem Kühlaggregat. Für Melanie ist diese Uhrzeit ein echter Erfolg! Endlich mal länger als 7 Uhr schlafen! Sie nutzt die Gunst der Stunde und verschwindet in die Pantry. Dort schnippelt sie Pilze, Paprika, Tomaten, Zwiebeln, Schinken und Käse, quirlt und würzt Eier und brät Omeletts. Beim Frühstück im Cockpit, ja es ist endlich warm genug dafür, schaut die Hafenmeisterin vorbei und kassiert das Liegegeld. Gestern Abend habe sie es einfach nicht geschafft. Sie wird dabei von drei großen Hunden begleitet. Einer davon findet eMMa super, springt an Bord, läuft eine Runde, beschnüffelt alles und springt wieder herunter. Ob das ein Drogenspürhund war?!

Zum Segelklar machen gehört heute morgen auch das Eincremen mit LSF 50 + und zwar mehr als nur das Gesicht. Dann legen wir ab. Kaum sind wir aus dem engen Fahrwasser heraus, setzen wir wieder die Segel. Auch für heute war eigentlich überhaupt kein Wind angesagt. Wir nehmen dieses Geschenk sehr gerne an.

Erst im enger werdenden Fahrwasser Richtung Amsterdam schläft der Wind kurzzeitig komplett ein. Wir starten den Motor und halten auf die erste Brücke vor Amsterdam zu. Nach der Brücke kommt sofort eine Schleuse. Die rechte Schleusenkammer ist schon vorbereitet und so fahren wir gleich hinein. Nach und nach füllt sich die Schleuse, so dass wir mit 11 Booten, zwei Dinghys und einem Jetski warten. Zunächst schließt sich das Schleusentor. Dann geht es wieder auf und die Wasserschutzpolizei kommt herein und holt das Jetski heraus. Danach können wir endlich geschleust werden. Wir reden von 20 cm Höhenunterschied und dafür haben wir jetzt fast eine Stunde gewartet! Dem Gewässerverlauf folgend, kommen wir in der WSV Aeolus Marina an. Im Törnführer steht, dass es an Steuerbord einen Meldesteiger (Steg zum Anmelden) gibt. Rechtsseitig befindet sich auch ein kleiner Steg, der aber leider mittig von einem kleinen Motorboot blockiert wird. Da der Hafen sich schlauchförmig und sehr eng in die Länge zieht und wir mit eMMa nicht auf gut Glück einfach reinfahren möchten, legen wir uns erst einmal an Backbord längsseits. Markus steigt über und kundschaftet die Lage aus. Nach seinem Lagebericht fährt Melanie ganz langsam in den eigentlichen Hafenbereich ein. Der diensthabende Hafenmeister sagt uns, dass wir an Steuerbord am Steg festmachen sollen, aber bitte so, dass die Bugspitze zur Hafeneinfahrt zeigt. Kein Problem. Melanie dreht eMMa ganz langsam mit viel Gefühl, Nutzen des Radeffektes, Bugstrahlruder und zum Schluss noch mit Leinenarbeit, in die Position, wie der Hafenmeister es gerne möchte.

Die Temperaturen hier in der Marina sind etwa 5°C höher als noch vorhin auf dem Markermeer. Gefühlt sogar 10°C! Nach dem Anmelden beim Hafenmeister erkunden wir Amsterdam. Wir kehren in ein argentinisches Steakhaus ein, genießen vorzügliches Essen und schlendern durch die Gassen und an den Grachten entlang wieder zurück. Dabei biegen wir irgendwann in eine Seitengasse und landen im Rotlichtviertel mit sehr leichtbekleideten Damen und roten Lampen in den Schaufenstern. Zurück an Bord fallen wir alle rasch in unsere Kojen.

Freitag, 13.08.2021 - Wir frühstücken noch gemeinsam, bevor Dorothee und Klaus sich auf dem Weg zum Bahnhof machen müssen. Wir begleiten sie noch bis zur Fähre. Es wird ein tränenreicher Abschied. Markus und Melanie gehen auf dem Weg zurück noch eben einkaufen. Im Hafen werden wir bereits vom diensthabenden Hafenmeister erwartet. Wie lange wir noch bleiben wollen, fragt er uns. Wir müssten eigentlich um 12 Uhr den Platz geräumt haben. Wir dürfen aber noch eine Stunde bleiben. Vielen Dank! Wir räumen unsere Einkäufe weg und bereiten alles fürs Ablegen vor. Die Strecke, die wir nun erst einmal zurücklegen, ist überhaupt nicht lang. Nach einer kurzen Motorfahrt biegen wir in den Hourthaven ein und haben Glück, denn die Brücke wartet auf uns mit Grün. Der Brückenwärter steht ob, winkt uns zu, notiert sich den Namen von eMMa in seinem Tablet und sagt uns, dass wir uns ab 23 Uhr bereit halten und den Funkverkehr abhören sollen. Den Nachmittag verbinden wir mit Schlafen, Essen kochen, Abwasch erledigen, Dösen, Spielen, Telefonaten mit unseren Kindern und Bürokram. Zwischendurch kommt von Klaus und Dorothee die Meldung, dass bei denen mit dem Zug alles gut gepasst hat und sie jetzt im Auto sitzen und nach Hause fahren. Schön, dass alles gut geklappt hat! Und schön, dass ihr hier bei uns an Bord wart. Wir haben uns darüber sehr gefreut.

Samstag, 14.08.2021 - Um 1:30 Uhr klopft die Brückenbegleitung an eMMas Rumpf, in 4 Minuten geht es los! Wir sind startklar, also raus, Motor an und Leinen los. Die Uhrzeit für den Start der Staande Mast Route durch Amsterdam von Nord nach Süd kann keiner genau vorher sagen, denn zunächst startet die Route von Süd nach Nord. Sind diese vor der letzten Brücke, dann muss sich die Nordroute startklar machen. Denn die letzte bzw. für uns die erste Brücke ist eine Eisenbahnbrücke, die direkt zum Amsterdamer Hauptbahnhof führt. Diese Hauptverkehrsader wird also für einige Minuten lahm gelegt um die Boote passieren zu lassen. Die Brücke hebt sich, die Südtour als Gegenverkehr fährt raus und nun sind wir dran. Es geht durch 10 Brücken. Zwei Brückenwärter begleiten den Konvoi. Immer im Wechsel bedienen sie die Brücken. Sie fahren mit dem Fahrrad oder dem Motorroller zur Brücke, öffnen sie, lassen alle Schiffe passieren, schließen die Brücke wieder und fahren zur übernächsten Brücke weiter. Dabei entstehen vor den Brücken immer wieder kurze Wartezeiten in denen die Boote sich wie eine Ziehharmonika zusammenschieben und nach der Brückendurchfahrt wieder auseinander gezogen werden. Gut, dass es trocken und fast windstill ist! Um halb drei nachts erreichen wir die letzte Schleuse und damit für heute Nacht auch die letzten beiden Brücken. Alle 15 Boote quetschen sich in die Schleuse. Wieder einmal sind es nur 20 cm Höhenunterschied, die es zu überwinden gilt. An der Einfahrt in die Schleuse stehen zwei mobile Toiletten. Ein Mann von einem Plattbodenschiff hat wohl ein dringendes Bedürfnis und flitzt, kaum sind die Leinen fest, um die Ecke. Als die Öffnungsvorbereitung der Schleuse und der Brücken, die dahinter liegen, mit Rot/Grün angekündigt werden, sieht man ein weibliches Crewmitglied in seine Richtung rennen und schon vom Weitem ruft sie ihm zu, schnell, es geht los! Die ganze Schleuse lacht, denn jeder stellt sich gerade vor, wie der arme Kerl sich beim Pinkeln beeilen muss. Dann kommt er um die Ecke geflitzt und stopft sich noch im Laufen das T-Shirt in die Hose.

Nach der Brücke gibt es rechts einen langen Wartesteg, an den auch drei oder vier der Yachten erst einmal anlegen. Wir entscheiden uns bis zur Autobahnbrücke, Zubringer Flughafen Amsterdam/Schirphol, weiterzufahren und uns dort in den Wartebereich zu legen. Diese Entscheidung erweist sich knapp 2 sm später als die schlechtere Wahl. Die Lautstärke der Autobahn ist ohrenbetäubend. Aber schlimmer noch sind die fehlenden Anlegemöglichkeiten. Der eingezeichnete Kai ist von lauter „Dauerbaustellen“ belegt, an denen man nur begrenzt festmachen kann. Auf der anderen Seite gibt es eine lange Spuntwand, die aber nur Gefahrgutschiffen das Anlegen erlaubt. Direkt vor der Brücke gibt es einen kleinen Holzdalben, eigentlich ist hier Parkverbot, aber wo sollen wir sonst hin? Die Brücke öffnet erst um 7 Uhr und wir brauchen bis dahin dringend noch ein bisschen Schlaf. Also legen wir eMMa dort fest und fallen umgehend in die Kojen.

Pünktlich 10 Minuten vor Brückenöffnung läuft unser Motor schon wieder und wir stehen, noch etwas müde, aber glücklich, im Cockpit. Wir drehen eine kleine Runde vor der Brücke und reihen uns bei den anderen Yachten ein. Die haben übrigens ebenfalls an den unterschiedlichsten verbotenen Stellen festgemacht und gewartet. Um 7 Uhr stoppt auf der Autobahn der Verkehr und die Klappbrücke öffnet sich. Die Niederländer machen also für Segelboote sogar absichtlich Staus! Hinter der Autobahnbrücke beginnt das riesige Gelände des Flughafens. Von Amsterdam/Schirphol sind wir schon zweimal geflogen. Einmal sind wir mit dem Auto hier angekommen, einmal mit der Bahn. Und nun tuckern wir mit eMMa auf eigenem Kiel hier entlang! Melanie ist todmüde und so schickt Markus, der gestern Nachmittag viel geschlafen hat, sie in die Koje. 2 1/2 Stunden später beschließen wir bis Alphen aan den Rijn weiterzufahren. Dort finden wir dann um 11 Uhr einen freien Anleger und machen fest. Nach weiteren 2 Stunden Schlaf, frühstücken wir gemütlich bevor wir die Stadt erkunden. Alphen hat nette schmale Straßen, einen tollen Markt, der heute stattfindet, eine Bibliothek mit freiem Internet, ein verzweigte, hübsche Fußgängerzone, sowohl mit den üblichen großen Ketten, als auch mit sehr vielen kleinen, besonderen Geschäften. Zum Beispiel finden wir hier ein Paradies für alle Brettspiel-Fans und einen Secondhandladen für Musikinstrumente, DvDs, Elektronik, Spielkonsolen und diversen anderen Sachen. Unser Rückweg führt uns durch einen wunderschönen Park. Ein Graureiher steht am Ufer eines Wasserlaufes und lässt sich weder durch uns, noch von einem übergewichtigen Labrador, der dort Gassi geht, stören. Wir genießen den Sommer! Zurück an Bord wird heute gegrillt. War der Himmel am Vormittag noch bedeckt, so strahlt jetzt die Sonne und wir genießen es sehr.

Sonntag, 15.08.2021 - Markus hat heute Geburtstag! Melanie hängt im Salon ein bisschen Geburtstagsdekoration auf, bevor er aufsteht. Wir legen um halb zehn ab und fahren bis zur nächsten Brücke, aber die öffnet erst um 10 Uhr. Also warten wir am Wartesteiger und bewundern das imposante Bauwerk. Es handelt sich um eine Hubbrücke. Davon werden wir heute noch einige durchfahren. Bei diesen Brücken klappt also nicht ein Teil der Straße auf, sondern an allen vier Ecken stehen „Türme“ und das Straßenteil wird, wie bei einem Aufzug, nach oben gefahren. 24 m misst dann die Durchfahrtshöhe, also etwa so hoch, wie die Fehmarnsundbrücke!

Wir kommen durch Gauda, oder besser gesagt, wir fahren die Ortsumgehung Gauda entlang. Liegeplätze sind hier nicht zu finden und so beschließen wir noch ein wenig Strecke zu machen. Aber auch auf dem ganzen kommenden Stück gibt es keine Liegeplätze. Vor Rotterdam biegen wir links ab. Hier sind es jetzt keine kleinen Kanäle mehr, sondern breite Flüsse, mit Strömung und Tidenhub. Durch den langen Fahrtag haben wir zeitweise 2 kn Strömung gegen an.

Wir kommen am Abend in Dordrecht an und wollen in eine Marina gehen. Leichter gesagt als getan! Die ersten zwei Marinas, die wir anfunken, sind voll. In der dritten Marina haben sie noch einen Platz im Päckchen für uns. Den nehmen wir! So liegt eMMa nun neben einer großen Motoryacht. Der Hafenmeister kommt an den Steg zum Kassieren und danach laufen wir durch die Altstadt. Dordrecht war für die Region hier DIE Handelsmetropole schlecht hin! Den Reichtum der Stadt sieht man auch noch in den vielen uralten und prunkvollen Gebäuden. Immer wieder gibt es Fußwege durch Torbögen, die dann in Innenhöfe führen. Es macht Spaß diese Stadt zu entdecken. Nach diesem Spaziergang packen wir unser Duschzeug ein und wandern eine Straße weiter zum Vereinsheim des Hafens. Dort gibt es gute Sanitärräume, mit richtig heißen Duschen und freies WiFi.

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