Zeitraum: | 18.07.2021 - 25.07.2021 |
Revier: | Ostsee und NOK, Kühlungsborn - Gieselauschleuse |
Boot: | eMMa - Moody 44 |
Crew: | Markus Melanie |
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Wochenbericht 1 - Kühlungsborn, Heiligenhafen und NOK
„Freiheit ist selbst zu entscheiden, wann, wie und wohin es weitergeht“ - Crew der SY eMMaNach dem wir am 17.07.2021 im Yachthafen Hohe Düne abgelegt haben sind wir erst einmal nach Kühlungsborn gesegelt. Für den Sonntag war sowieso schon Wind auf die Nase mit ordentlich Stärke angesagt und wir hatten deshalb auch direkt bis Montag den Liegeplatz bezahlt. Also ist am Sonntag Hafentag. Ausschlafen? Von wegen! Melanies Blase ist noch nicht im Langfahrt-Rhythmus angekommen. Auf dem Weg zum Waschhaus kommt sie an einer Hanse 41 vorbei. Der Skipper bereitet gerade alles zum Ablegen vor. Puh, denkt Melanie, und das bei diesem Wind. Es pustet immer noch durchweg mit 25 bis 28 kn und zwar genau quer zum Schiff. Wie will der da denn wegkommen? Er hat eine Achterleine auf die Backbordklampe, die LuV-seits ist, gelegt und versucht sich mittels Maschinenfahrt heraus zu drehen. Auf ihrem Rückweg vom Waschhaus steht der Skipper etwas verzweifelt auf dem Steg. Sie unterhält sich kurz mit ihm und er erzählt, dass er heute noch nach Boltenhagen (Wismarer Bucht) muss, weil er morgen wieder zur Arbeit muss. Melanie schlägt ihm vor in die Vorspring einzudampfen, aber da er Angst hat an die Nachbarlieger zu kommen, möchte er die Leine nicht am Dalben hinter der Mittelklampe befestigen. Einen Kugelfender hat er auch nicht an Bord und so macht sich Melanie zurück an Bord, weckt Markus, bittet ihn mitzukommen und besorgt den Kugelfender. So bewaffnet stehen wir kurze Zeit später wieder vor der Hanse. Melanie hält den Kugelfender zwischen Stegdalben und Bugspriet. Markus wird die Leine rüberwerfen, sobald der Winkel reicht. Der erste Versuch schlägt fehl, der Winkel reicht nicht aus. Also noch einmal festgemacht und die Leine doch hinter die Mittelklampe ausgebracht. Dann reicht der Winkel zum Eindampfen und das Heck schwingt langsam herum. Es dauert etwas bis das Boot so frei ist, dass Markus die Leine abnehmen und rüber werfen kann. Wir müssen den Skipper immer wieder daran erinnern Ruhe zu bewahren und das Manöver wie besprochen weiter durchzuführen. Mit viel Geduld und gutem Zureden unsererseits kommt das Boot endlich von der Pier frei. Der Skipper klariert allerdings nicht, wie es sinnvoll gewesen wäre, noch im Hafen die Leinen, Fender und die Segel, sondern stampft unter Maschine gegen Wind und Welle an. Markus verfolgt ihn noch einige Zeit auf dem AIS und sieht, dass er wirklich die Strecke nur unter Motor gegen Wind und Welle anfährt. Das wird ein Rodeoritt! Mit ihm möchten wir wirklich nicht tauschen. Der braucht danach sicherlich einen Physiotherapeuten!
Den restlichen Tag verbringen wir mit Genießen, Kleinigkeiten erledigen, mit unseren Freunden Andrea und Jürgen telefonieren, Kuchen essen und abends kochen wir gemeinsam. Noch fühlt es sich an wie Urlaub.
Am Montag Morgen schlafen wir endlich mal etwas länger. Der Wind ist draußen kräftig am Pusten. Die Wellen brechen sich noch immer an der Mole. Gestern konnten wir sogar eine Gruppe von rund 20 Wellensurfer beobachten. Auch heute morgen sind noch vereinzelt ein paar von ihnen unterwegs, die hatten gestern bestimmt Wochenenddienst. Wir kochen Tee, frühstücken in Ruhe und entscheiden, dass wir noch zwei Tage in Kühlungsborn bleiben. Der Wind passt uns einfach noch nicht und auf Kreuzen bei viel Wind und fieser Welle haben wir noch keine Lust. So nutzen wir den Tag für Einkäufe, Gespräche, Organisatorisches, Telefonate, Bürokram, Spleißen, Wantenschoner beseitigen, Splinte tauschen, schwimmen gehen und noch vielen mehr. Auf dem Rückweg vom Strand sehen wir, dass eine HR mit TO-Stander an unserem Steg liegt. Wir grüßen freundlich und kommen kurz ins Quatschen. Die HR ist Ausbildungsschiff und gerade mit einer Crew auf Skippertraining unterwegs. Erst da registrieren wir, dass sie mit 5 Personen an Bord sind, dass heißt bei einer HR 38 die Eignerin schläft im Salon!
Es ist Dienstag, der 20.07.2021, und es fühlt sich an wie ein Samstag! Ausschlafen, mehr oder weniger, im Bett faulenzen, lesen und sich in Müßiggang üben. Wir frühstücken erst mittags. Markus überwindet seinen inneren Schweinehund und geht joggen. 10 km schafft er! Nach seinem Lauf sitzen wir im Cockpit und trauen unseren Augen nicht. Die HR legt ab. Sie liegt an der gleichen Stelle wie vorgestern die Hanse, bei der gleichen Windsituation, wenn auch mit deutlich weniger Windstärke. Um den Bug herumzubringen nutzt sie ausschließlich das Bugstrahlruder. Und das auf einem Ausbildungsschiff! Die Trainerin hätte doch jetzt den Skipperanwärtern bestens erklären können, welche Möglichkeiten man in so einer Situation mit Leinenarbeit hat! Auch als wir beide ein paar Stunden später gemeinsam bis zum Leuchtturm Bastorf laufen, schütteln wir darüber immer noch die Köpfe. So wird Blödsinn also multipliziert.
Der Fußmarsch zum Leuchtturm und zurück ist eine Strecke von 16 km. Am Leuchtturmcafé essen wir Torte und trinken Eisschokolade. Es ist bereits Abend als wir wieder an Bord ankommen. Der Hafen hat sich stark gefüllt und an eMMa liegen gleich zwei kleinere Boote im Päckchen, eine Bavaria 34 und eine Bavaria 31. Nach dem Abendessen und der wohlverdienten Dusche baut Melanie gerade die Kuchenbude auf, da es nachts regnen soll, als eine Familie am Steg bei unserer eMMa stehen bleibt und sich von Melanie die Funktion unserer Windfahne erklären lässt. Als die Oma der Familie von unseren Plänen hört, bekommt sie ganz glänzende Augen und fragt direkt: „Habt ihr noch eine Koje frei?“
Mittwoch Morgen, wir sind startklar, haben gefrühstückt und alles segelfest verstaut. Mit den beiden Päckchenliegern hatten wir gestern Abend abgesprochen, dass wir zwischen 9 und 10 Uhr ablegen wollen. Die außenliegende kleinere Yacht ist auch pünktlich wach und ebenfalls startklar. Auf der Bavaria 34 regt sich auch um halb zehn noch immer nichts. Um 9:45 Uhr beschließen wir dort zu klopfen, als endlich ein Kopf aus dem Niedergang auftaucht. Der Skipper erscheint im Cockpit und bespricht sich mit einem anderen Stegnachbarn. Sie wollen die Landleinen halten und nur etwas fieren, damit wir rückwärts rausfahren können. Melanie findet die Idee nicht so super, weil die Landleine unter unserem Anker durchgeführt wurde und sich beim Rückwärtsfahren verhaken wird. Das sagt sie dem Kumpel an Land auch, der kommentiert es nur mit „da gebe ich dann schon genug Lose“. Hoffentlich geht das gut! Und kurz bevor wir ablegen wollen, taucht die Frau des mittleren Schiffs mit deren Hund auf und will noch unbedingt von Bord, weil der Hund ja Gassi gehen muss.
Um 10 nach 10 sind dann endlich alle soweit, dass das Ablegen beginnen kann. Die kleine Bavaria hat einige Probleme wegzukommen, schafft es dann aber mit viel Hilfe. Die andere Bavaria fiert die Leinen auf, wie geplant und treibt, wie von uns vorher gesagt, erst einmal achtern aus. Eine Kollision schaffen sie aber zu verhindern. Wir legen rückwärts aus der Lücke ab und sehen zu Land zu gewinnen. Melanie ist so froh, da endlich raus zu sein, dass sie Leinen und Fender vor dem Hafen klarieren will. Nächstes Mal machen wir das bei so viel Wind und Welle wieder im Hafenbecken! Draußen herrscht noch ein kräftiger Wind und hohe Wellen. So landen die Fender und Leinen erst einmal im Niedergang. Wir setzen die Segel. Da der Wind genau gegen an kommt, heißt es für uns kreuzen. 55 sm lang kreuzen wir immer hoch am Wind. Die neue Genua begeistert uns mal wieder aufs Neue! Streckenweise sind die Bedingungen etwas anstrengend, aber die meiste Zeit über ist es ein schönes Segeln. So langsam wachsen uns wieder Seebeine. Wir entscheiden uns heute für einen kurzen Wachrhythmus, dass heißt wir wechseln uns alle zwei Stunden ab. Es ist heute leider sehr kalt, so dass wir im weiteren Tagesverlauf wirklich das Ölzeug rausholen und eine Vliesjacke unterziehen müssen. Kurz vor der Ansteuerungstonne zur Fehmarnsund-Brücke bergen wir die Segel und starten die Maschine. Es dämmert bereits und der fast volle Mond steht hinter uns am Himmel. Gemeinsam suchen wir nach den unbefeuerten Tonnen, die das Fahrwasser markieren. Nach der Brückendurchfahrt folgen wir unserem alten Track vom letzten Jahr auf dem Kartenplotter bis in die Ankerbucht vor Ortmühle bei Heiligenhafen. Das Radar ist uns dabei ebenfalls eine große Hilfe. Um 23:30 Uhr fällt der Anker. Die Kettelänge muss Melanie Pi mal Daumen stecken, da das Kettenzählwerk Marke Eigenbau nicht so funktioniert wie es soll. Das schauen wir uns aber heute bestimmt nicht mehr an!
Am Donnerstag und den Freitag verbringen wir gemeinsam mit Caro und Jan von der Segelyacht King of Lions. Es werden schöne, aber auch anstrengende Stunden. Denn es wird nicht nur gemeinsam geshopt, gequatscht, gegrillt und gegessen, sondern auch eine Menge an Bord der King of Lions gearbeitet. Am Freitag Abend besuchen die Beiden dann uns an Bord von eMMa. Abends verabschieden wir uns dann voneinander. Besonders Melanie und Caro macht das etwas wehmütig. Hoffentlich sehen wir uns ganz bald in wärmeren Regionen wieder!
Seit einer Woche stellen wir uns für den Samstag Morgen das erste Mal mal wieder den Wecker. Um 7 Uhr machen wir uns langsam fertig, frühstücken etwas, ziehen das Dinghy hoch, machen alles segelfest. Das geht mit der Weile erstaunlich schnell. Dann geht es ein kleines Stück aus der Bucht raus unter Motor, bevor wir die Segel setzen. Markus ist jedoch mit unserer Reisegeschwindigkeit unzufrieden und zupft unruhig an den Leinen. Als der Wind dann noch achterlicher kommt, beschließen wir, es ist der richtige Tag um die Passatsegel auszuprobieren! Wir brauchen etwa eine halbe Stunde bis wir beide Segel und beide Bäume, sowie alle Schäkel, Schoten und Holepunkte in die richtigen Positionen gebracht haben. Danach stellen wir den Autopilot auf einen Punkt kurz vor der Kieler Förde ein und eMMa segelt wie auf Schienen. Nach einiger Zeit nimmt der Wind zu und als wir aus der Abdeckung von Fehmarn herauskommen baut der ONO Wind auch eine gute Welle auf. eMMa macht das super! Es geht mit 4-6 kn voran. Richtig chilliges Segeln! So macht es richtig Spaß. Kurz vor unserem gesetzten Wegpunkt stellen wir fest, dass wir heute den wahrscheinlich nördlichsten Punkt unserer Reise erreichen werden! Bei Melanie rollen dann irgendwann einfach die Tränen und sie kann selbst nicht genau sagen warum. Ein bisschen Traurigkeit, gepaart mit dem Gefühl angekommen zu sein, genießen, Entspannung, ganz viel Glücksgefühl und Liebe für Markus - das alles kommt einfach irgendwie zusammen. Und dann reicht ein kleines Lied beim Musikhören und die Tränen laufen einfach!
Kurz vor Laboe reffen wir die Passatsegel und bauen anschließend die Bäume wieder zurück. Es klappt so super, dass wir selbst sogar ein wenig überrascht sind. Nur unter Genua segeln wir die Kieler Förde hoch bis wir vor Heikendorf den Anker werfen. Direkt gegenüber befindet sich die Schleuse zum Nord-Ostsee-Kanal.
Es ist endlich wärmer geworden. Erst einmal eine Runde schwimmen gehen!
Sonntag Morgen, 25.07.2021. Anker hoch um 8:50 Uhr. Auf in den NOK (Nord-Ostsee-Kanal). Das Tor zwischen Ost und West, einer der meist befahrensten Wasserstraßen der Welt. Zunächst einmal kreisen wir im Wartebereich für Sportboot bis das weiße Blinklicht erscheint, welches den Sportbooten sagt, dass sie in die Schleuse einfahren dürfen. Festgemacht wird an einem sehr tiefliegendem Schwimmsteg, der mit hoch und runter geht beim Schleusenvorgang. Es dauert ewig bis das Schleusentor geschlossen wird. Für uns ist vom Gefühl her noch nichts passiert. Kein Wasser eingerauscht, kein Absenken, da ertönt auch schon das Signal, dass das Schleusentor vorne geöffnet wird. „Alle Sportboote fahren bitte zuerst aus der Schleuse!“ Wie jetzt? An der Wand erkennen wir, dass der Schleusenhub gerade mal 40 cm hoch war. Dafür haben wir jetzt ernsthaft 1 1/2 h gewartet? Aus der Schleuse heraus beginnt bei einigen Booten ein Wettrennen. Uns ist das egal. Wir stellen den Motor bei 2000 Umdrehungen ein und machen damit zwischen 4,4 und 5,1 kn Fahrt. Das reicht uns. Markus macht uns unterwegs erst leckeres Frühstück mit Buagette, Schinken und Rührei und am späten Nachmittag kocht er Chinakohl und Kartoffeln. Es schmeckt wie immer fantastisch! Das sind auch die großen Highlights des Kanals. Große Schiffe kennen wir von der Warnow, Kanalfahrt hatten wir, und besonders Markus, schon mehr als genug und Schleusen kennen wir mit wesentlich mehr Hubhöhen. Auch wenn die Landschaft drumherum nett ist, es ist eine monotone Motorfahrt. So beschließen wir, bei Kanal-Kilometer 41 zur Gieselauschleuse abzubiegen und dort über Nacht zu bleiben. Die restlichen 40 km NOK machen wir dann morgen!
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