Zeitraum: 29.11.2021 - 05.12.2021
Revier: Atlantik, Portugal, Sines - Spanien, Puerto Sherry
Boot: eMMa - Moody 44
Crew: Markus
Melanie


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Wochenbericht 19 - Eine arbeitsreiche Woche und eine tolle Überfahrt nach Südspanien

Montag, 29.11.2021 - Donnerstag, 02.12.2021 - Die Tage fliegen nur so dahin. Melanie hat in dieser Woche jeden Tag Onlinekurs. Zum Glück ist das nur in dieser Woche so. Neben Unterrichtsvorbereitung und Bootshaushalt, den wir uns beide teilen, sucht sie noch die Fotos für die letzten drei Wochenberichte heraus. Markus nutzt ihre Arbeitszeit meistens fürs Einkaufen oder für Reparaturen, die keinen Krach machen. So vergehen die Tage fast unbemerkt, aber wir genießen sie. Genauso, wie wir das schöne Wetter genießen. Jeden Tag scheint die Sonne, wenigstens für einige Stunden lang, während aus Deutschland die Fotos des ersten Schnees eintrudeln. Und wir sitzen hier bei frühlingshaften Temperaturen und planen unsere Weiterfahrt. Durch den Schaden an der Genua und der Vorsegel-Rollanlage bleibt uns ja noch das Großsegel und der Gennaker, sowie unser Motor, als Antrieb. Wir studieren die Wetterinformationen, vergleichen und überlegen. Wenn sich an der Vorhersage nichts mehr ändert, dann dürfte der Freitag für uns zum Starten am besten sein. Bleibt nur noch die Frage, wohin gehen wir genau? Markus schreibt in der Woche mehrere Marinas an der Algarve und in Andalusien an. Die Wartezeit auf Antwort nutzen wir für die Ursachensuche des Riss des Genuafalls. Dafür zieht Melanie Markus bis in die Mastspitze. Dort wird er rasch fündig. Ein Beschlag ist scharfkantig und hat das neue Seil durchgescheuert. Den werden wir in der Winterwerft also erst einmal tauschen lassen müssen. Nachdem die Antworten der Marinas nach und nach eingetrudelt sind, fällt unsere Entscheidung auf die Marina von Puerto Sherry. Bis dahin sind es knapp 200 sm. Wir beschließen, dass die Algarve leider auf uns warten muss und wir direkt bis nach Andalusien durchsegeln. Zum einen passt das Wetterfenster und zum anderen möchten wir die Reparaturarbeiten endlich in Angriff nehmen, bevor die Weihnachtsfeiertage alles verlangsamen.

Freitag, 03.12.2021 - Sonntag, 05.12.2021 - Und so bereiten wir am Freitag Vormittag alles für einen langen Schlag vor. Wir verstauen alles seefest, stopfen in die üblichen Schaps, die gerne klappern, zusätzliche Handtücher, richten wieder unsere Seekoje im Salon ein, packen eine Provianttasche, kontrollieren noch einmal alles an und unter Deck und checken ein letztes Mal den Wetterbericht. Als alles vorbereitet ist, verabschieden wir uns von der Awa-Crew. Auch sie wollen heute eigentlich weiter, aber sie haben noch kein grünes Licht von der Versicherung. Für sie steht nämlich der Sprung zu den Kanarischen Inseln bevor und die waren in deren Versicherung nicht mehr abgedeckt. Also stand ein Versicherungswechsel an. Das ist ein gängiges Verfahren, da nur wenige Versicherungsgesellschaften überhaupt eine weltweite Fahrt versichern. Üblicherweise meldet man seiner Versicherung einfach nur den Wechsel von einem Fahrgebiet ins andere, aber manchmal muss man sich nach einer neuen Versicherung umschauen. Wir verabschieden uns und drücken ihnen die Daumen, dass die Versicherung sich gleich noch meldet und auch sie starten können.

Um 12 Uhr am Freitag Mittag legen wir ab. Noch in der Bucht vor dem Hafen sammeln wir alle Fender ein, verstauen sie und schießen die Festmacherleinen auf. Das Großsegel ist klar zum Setzen und wird bereits im Vorhafen ausgerollt. Der Gennaker liegt im Vorschiff vorbereitet, für den Fall, dass der Wind ganz wenig ist und aus einem passenden Winkel kommt.

Der Wind kommt von achtern. Damit der Großbaum nicht überschlagen kann, setzen wir einen Bullenstander. Das ist so etwas wie eine Sicherungsleine für den Baum. So kann das Segel ganz offen vor dem Wind gefahren werden. Die Wellen kommen leider nicht genau von hinten, sondern leicht schräg von der Steuerbordseite. Das führt bei einer Wellenhöhe von knapp 2 Meter dazu, dass eMMa sich immer wieder zu den Seiten neigt. Das ist nichts bedrohliches und wir machen auch gut Fahrt, aber bei manchen Wellen dazwischen fühlt es sich doch etwas unangenehm an. Besonders, wenn man sich unter Deck befindet, gerade mal die Toilette aufsuchen oder sich das Ölzeug an- oder ausziehen möchte. Dann werden Kleinigkeiten schon sehr zum Balanceakt. Stehen auf Socken geht in solchen Momenten im Salon unten auch nicht, da dann der Holzboden zur Rutschbahn wird. Aber im Großen und Ganzen sind die Bedingungen wirklich gut und eMMa macht ordentlich Strecke. Wieder einmal erleben wir einen tollen Sonnenuntergang auf See und so geht es in die erste Nacht. Wir erwischen mal wieder die Nächte um Neumond und so sind es zwar sehr dunkle Nächte, aber dafür sehen wir einen atemberaubend schönen, klaren Sternenhimmel! Die Milchstraße ist klar und deutlich zu erkennen. Und auch die Star Link Satellitenkette zieht wie ein LED-Streifen über uns hinweg. Wie immer wechseln wir uns im drei Stunden Rhythmus ab. Wir hören Podcast, Hörspiele und Musik, teilweise singen wir auch einfach mit, und hängen unseren Gedanken nach. Hier ein Auszug aus Melanies Tagebuch: „Da vorne steht das Sternenbild des Großen Wagens oder auch großer Bär genannt. Ich muss 5 oder 6 Jahre alt gewesen sein, als mein Papa mir dieses zum ersten Mal gezeigt hat. Wir waren im Auto von Datteln auf dem Weg nach Olfen. Es war wahrscheinlich zu einer ähnlichen Jahreszeit wie jetzt, denn es war schon stockdunkel. Er sagte zu mir: „Siehst Du da vorne den großen Wagen?“ Ich schaute natürlich erst einmal auf die Straße, wo denn sonst sollte man einen Wagen sehen! Aber vor uns war kein Auto. „Nein“, sagte ich. „Da oben, diese sieben Sterne! Sie bilden einen Großen Wagen“, sagte mein Papa. Ich fand ihn aber nicht, denn ich suchte nach einem LKW. Für mich war ein „Großer Wagen“ ein Lastwagen! Zuhause angekommen nahm ich mir ein Blatt Papier, legte mich in unserem riesig langen Flur auf den Boden und malte einen Lastwagen. Dann zeigte ich diesen meinem Papa und fragte, „sieht so der große Wagen aus?“ Er lachte, nahm aber sofort den Stift in die Hand und malte sieben dicke Punkte auf das Blatt. Dann erklärte er mir, dass das die Sterne seien und wenn man sie verbinde, dann könnte man daraus den Großen Wagen erkennen! „Der sieht aber nicht aus wie ein LKW, sondern wie ein Handkarren oder Bollerwagen“, erklärte er weiter und verband alle Sterne miteinander, damit auch ich den Großen Wagen erkennen konnte. Dann gingen wir gemeinsam ans Fenster und ich fand auf Anhieb das Sternenbild wieder. Seit diesem Tag finde ich den Großen Wagen am klaren Nachthimmel. Für mich wird er damit immer mit meinem Papa verbunden sein. Und seit dessen Tod erst recht!“

Der Samstag beginnt mit einem wunderschönen Sonnenaufgang. In der Nacht haben wir den südwestlichsten Zipfel von Festland-Europa gerundet, das Cabo de São Vicente. Nun geht es für uns erst einmal wieder Richtung Osten. Es ist schon beeindruckend, wenn man in einer solchen dunklen Nacht um dieses Kap segelt. Auf der einen Seite sieht man das Leuchtfeuer des Kaps und auf der anderen Seite Millionen von Sternen und ganz schwach über dem Horizont den wiederkehrenden Lichtschein eines Leuchtfeuers am afrikanischen Kontinent! Marokko ist von hier aus nur etwa 50 sm entfernt. Das ist weniger Strecke, als wir noch bis Puerto Sherry von hier aus vor uns haben! Wie angekündigt schläft der Wind am Vormittag ein. Es ist nicht einmal mehr genug Wind für den Gennaker da und so starten wir den Motor. Jedoch versuchen wir so viel Strecke wie möglich unter Segel zu machen. Seit dem wir das Kap gerundet haben, hat die Welle deutlichst abgenommen und so ist es auch kein Problem bei wenig Wind zu segeln. Jeder Windhauch wird von uns genutzt. Und am Nachmittag ist dann auch wieder ein stabiler Segelwind da. Der Sonnenuntergang am zweiten Abend zeigt sich nur durch einen schmalen roten Streifen am westlichen Horizont. Trotzdem wird die Nacht zunächst noch klar und der Wind treibt uns stabil voran. Um Mitternacht ziehen dann breite Wolkenbänder vom Festland herüber und sie bringen ordentlich Wind mit. eMMa kommt immer wieder ins Gleiten, wenn sie die Wellenberge herunter surft. So geht es zügig voran. Am Sonntag Morgen strahlt die Sonne über einem aufgerautem Meer. Der Wind ist sehr frisch und pustet kräftig. Die Einfahrt in die Bucht von Cadiz erfordert noch einmal unsere volle Aufmerksamkeit. Dort erst nehmen wir das Segel herunter und starten den Motor. Um 10:45 Uhr Ortszeit machen wir im Hafen von Puerto Sherry fest. Wir sind wieder in Spanien angekommen! 198 sm in 46 Stunden, nur unter Großsegel und gerade mal 8,5 Stunden unter Motor - damit sind wir mehr als zufrieden! Kaum ist der Motor aus und wir überlegen gerade, wo wir den Hafenmeister finden könnten, da quakt es aus unserem Funkgerät „eMMa, eMMa, eMMa, hier ist die SY Dawn! Herzlich Willkommen in Puerto Sherry!“ Wir wussten, dass die Dawn hier überwintert, haben die Crew bisher aber noch nicht kennenlernen können. Nun werden wir so herzlich Willkommen geheißen! Das tut gut! Und wir erfahren auch sogleich von ihnen, dass wir den Hafenmeister in dem kleinen Leuchtturm vorne am Ende der großen Mole finden. Mit den üblichen Dokumenten machen wir uns auf den Weg dorthin. Wir werden von einer sehr freundlichen Mitarbeiterin begrüßt, erledigen die Bürokratie und erhalten die ersten Infos zum Hafen. Sie muss ein wenig schmunzeln, als wir darum bitten, ob wir einen Liegeplatz in der Nähe der Dawn erhalten können. So bekommen wir von ihr einen Liegeplatz am selben Steg wie die Dawn zugewiesen. Außerdem erhalten wir die Zugangskarte für die Tore und die Sanitäranlagen und einen riesigen Adapter für das Stromkabel! In der Größe haben wir die noch nie gesehen!

Wir schauen uns zunächst unseren neuen Liegeplatz von Land aus an und lernen hier Ulrike und Pierre von der Dawn zum ersten Mal persönlich kennen. Sie sind uns auf Anhieb sympathisch und nehmen beim Verholen auch netterweise unsere Leinen am Steg an. Dann beginnt für uns erst einmal das Aufräumen an und unter Deck, wir gehen Duschen und holen Schlaf nach. Zu Fuß machen wir uns anschließend auf dem Weg zum Supermarkt. Es ist zwar Sonntag und nicht jeder Supermarkt hat dann auf, aber morgen ist hier Feiertag, da haben alle Läden geschlossen, wie wir netterweise von den Dawns erfahren haben. Bis Dienstag reichen unsere Vorräte an frischen Sachen aber nicht mehr. Was wir unterwegs sehen, gefällt uns gut. Und am besten gefällt uns das angenehm warme Klima!

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