Zeitraum: 18.05.2013 bis 31.05.2013
Revier: Ostsee, Fehmarn — Rügen
Boot: Marzemino
Bavaria 31
Crew: Markus
Melanie
Klaus (ab 25.05.)


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Tag 4


Den Morgen in Kühlungsborn beginnen wir mit einem Frühstück unter Deck, denn es ist kalt draußen. Zum Glück nicht mehr so kalt wie letzte Nacht (7°C und das Mitte Mai!), aber mit erwarteten Höchsttemperaturen von 13°C nicht gerade einladend. Die Marina Kühlungsborn bietet morgens um 9 Uhr immer ein kurzes Wettermeeting an, ein Service für die Segler. Der Meteorologe Dr. Ronald Eixmann erklärt dabei die aktuelle Groß- und Lokalwetterlage. Und wenn nicht zu viele Segler teilnehmen, berät er auch kurz individuell. Er erklärt uns, dass die Sonne zwar schon viel Kraft hat, aber leider durch eine 14 km dicke Wolkenschicht, die über uns liegt, nicht durchkommt. Deshalb wird es weder richtig hell, noch richtig warm und wir haben das Gefühl mitten im November zu stecken. Okay, also um es mit Klaus Worten zu sagen „Der kleine November möchte im Mai abgeholt werden“! Wir lassen den Tag langsam beginnen. Einkaufen, kochen, essen und ausruhen stehen bis zum frühen Nachmittag auf der Tagesordnung. Denn wir bereiten uns auf unseren ersten Nachttörn vor. Geplant sind 66 sm bis nach Kloster auf Hiddensee. Jetzt wird der eine oder andere vielleicht sagen „66 sm – das segle ich doch auf einer Pobacke ab!“. Mag sein, aber wir tasten uns generell lieber vorsichtig an neue Aufgaben heran. So haben wir unsere zeitliche Planung des Törns auch auf den Sonnenuntergang und -aufgang abgestimmt. An- und Ablegen werden wir im Hellen. Die Nacht durchzusegeln reicht uns erst einmal.
An Wind soll es uns nicht mangeln. SW mit Stärke 4, immer wieder durchziehende kleine Tiefs mit Regen und Windböen bis 5, in der Nacht gleichbleibende Stärke, aber der Wind dreht auf Süd. Soweit die Vorhersage. Also ordentlich achterlichen Wind bis Darßer Ort, dann halber Wind bis Hiddensee. Soweit, so gut. Unsere Vorbereitungen für die Nachtfahrt sehen wie folgt aus: Wetter checken, Route eingeben, Wegpunkte festlegen, die NfS auf für uns relevante Meldungen prüfen und die Seekarten dementsprechend korrigieren, Seekarten auf Besonderheiten auf der Route überprüfen, alles segelsicher verstauen, die Steuerbordsitzbank im Salon wird zur Koje umgebaut. Das geht schnell, denn dafür klappt man lediglich die Rückenlehne hoch, die dann mittels Schlaufe am Haltegriff eingehakt wird. Nur noch Kissen und Decke drauf, sowie eine heiße Wärmeflasche – fertig. Getränke (Apfelschorle in handlichen Flaschen abfüllen, heißen Tee in der Thermoskanne zubereiten) und viele kleine Snacks und Kabbereien vorbereiten. Die Reste des Mittagessens stehen zum Aufwärmen bereit im Topf auf dem Herd, natürlich festgekeilt. Die Kleidung besteht der Witterung entsprechend aus Unterwäsche, Funktionswäsche, Hose und Pullover, Fleecejacke / Fleecepullover und darüber Ölzeug, an den Füßen zwei Paar Socken und Segelstiefel. Zudem einigen wir uns auf ein paar Regeln. 1. Wachwechsel alle 2 Stunden, je nach Witterung auch kürzer. 2. Schwimmweste plus Lifebelt ist Pflicht. 3. wer alleine im Cockpit sitzt muss sich mittels Lifebelt sichern. 4. Nötige Maßnahmen auf dem Vorschiff (Segel setzen, bergen, reffen etc.) werden nur gemacht, wenn der andere mit an Deck im Cockpit ist. Auch dabei natürlich über den Lifebelt und die Laufleine gesichert. Ein dickes Dankeschön geht von uns an dieser Stelle auch noch mal an Leon Schulz, der uns mit sehr guten Rat zur Seite steht und unsere Ab- und Anmeldung per Email entgegen nimmt. Denn wir sehen so etwas nicht als selbstverständlich an, besonders da Leon mit der Hanseboot Ancora Boatshow in Neustadt genug zu tun hat. Ganz, ganz lieben Dank!

Um viertel nach zwei am Mittag ist es dann soweit. Leinen los und unter Maschine verlassen wir die Marina Kühlungsborn. Es klappt hervorragend und wir merken, dass wir schon ein sehr eingespieltes Team sind. Kaum die Hafenmole hinter uns gelassen, setzten wir Segel. Aber nur das Großsegel, da der Wind durchweg mit 12-16 kn weht. Der Geschwindigkeit tut dies keinen Abbruch, wir laufen mit konstant 4,8 kn durchs Wasser. Das geht so eine halbe Stunde, dann entscheiden wir uns zu Reffen. Mit reduzierter Segelfläche machen wir noch immer 3,6 kn durchs Wasser. Das passt uns aber besser, denn sonst kommen wir zu früh ins Fahrwasser Hiddensee. Um halb vier beginnt Markus mit der ersten Wache. Ein Zuckerschlecken ist das heute wahrlich nicht, Temperaturen von 13° C laden nicht gerade zum Aufenthalt im Freien ein. Aber unter der Sprayhood lässt es sich gut aushalten, der Autopilot steuert. Melanie liegt in der Koje und wird dank Decke und Wärmeflasche endlich wieder warm. Um 17:30 Uhr Wachwechsel und Markus verschwindet rasch zum Aufwärmen unter Deck. Eine knappe halbe Stunde später passieren mehrere Dinge gleichzeitig. Es fängt an zu regnen. Zu kalt kommt nun also auch noch nass! Melanie sitzt gemütlich auf dem kleinen Stück Cockpitbank, dass einigermaßen trocken unter der Sprayhood liegt (soweit das bei achterlichem Wind möglich ist). Plötzlich korrigiert der Autopilot wie wild, das Schiff dreht und das ganze endet in einer Patenthalse – na toll! Nur gut, dass wir den Baum mittels Bullenstander gesichert hatten! Melanie hechtet zum Steuerrad, schaltet rasch wieder auf manuell und fährt mit einer vorsichtigen Halse wieder auf Kurs. Was soll denn das? Haben wir bei der Sichtung der Seekarten irgendetwas übersehen, vielleicht ein Unterwasserkabel oder ähnliches? Nein, daran liegt es wohl nicht. Ein weiterer Versuch den Autopiloten erneut zu aktivieren endet im gleichen Ablauf. Nur diesmal kann Melanie die Patenthalse noch rechtzeitig abwenden. Merkwürdig. Was nun? Wir entscheiden uns fürs manuelle Steuern, so können die Wellen auch etwas besser ausgesegelt werden. Einziger großer Nachteil – der einigermaßen windgeschützte Platz unter der Sprayhood bleibt für den Rudergänger unerreichbar. Um 19 Uhr kommt Markus mit dem aufgewärmten Resten des Mittagessen an Deck. Auch wenn es sehr schnell kalt wird bei dem Wind, es schmeckt einfach gut. Dann beginnt Markus Wache (im Regen) und Melanie verschwindet zum Ausruhen und Warm werden unter Deck. Nach einer knappen Stunde sitzt sie wieder oben im Cockpit. Oder genauer gesagt hängt sie (von Markus und dem Lifebelt gesichert) über der Reling in Lee und füttert die Fische. Der Auslöser für ihre Seekrankheit war wohl der unangenehme Geruch des Toilettensteins im WC. Eigentlich soll er ja angenehm riechen, aber Melanie ist er heftig auf den Magen geschlagen. Ein weiteres Erbrechen ist notwendig, ehe sich ihr Magen wieder beruhigt. Und um 22:30 Uhr ist der Spuk dann auch schon wieder vorbei und Markus kann sich in die Koje legen. Wie schnell es in der letzten halben Stunden nun dunkel geworden ist! Aber es ist toll. Nach und nach verschwindet alles in der Dämmerung und dann auf einmal ist es ganz dunkel und man kann sehr gut alle Lichter erkennen. Die Augen gewöhnen sich an die Dunkelheit und man bemerkt das erste Mal, wie hell die Nacht eigentlich ist. Der Mond und die Sterne sind leider nicht zu sehen, denn der Himmel ist komplett bewölkt. Und durch die Regenfronten ist auch die Sicht nicht so weit wie in einer klaren Nacht.
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